Fast 200 Gäste waren in Präsenz und online bei der Auftaktveranstaltung „Blickwinkel Autismus“ im BBW Hamburg dabei.
Lehrerinnen und Lehrer weiterführender Schulen, Fachkräfte im Unterstützungssystem am Übergang Schule – Beruf und von Trägern beruflicher Bildung waren unsere Gäste. Das Besondere an dieser Veranstaltungsreihe ist die enge Verknüpfung zwischen autistischem (Er-) Leben und den Herausforderungen des beruflichen Alltags. Beruflich relevante Themen werden aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. Eine Perspektive ist die von Mitarbeitenden des BBW. Weitere sind die von therapeutischen Fachkräften, Eltern und Mitarbeitenden in Betrieben.
In der ersten Veranstaltung stand der Übergang von der Schule in den Beruf im Mittelpunkt. Veränderungen sind mit Herausforderungen verbunden. Gewohntes bricht weg, Routinen müssen neu erarbeitet und etabliert werden. Ungewohnte Orte, neue Ansprechpersonen und eine völlig veränderte Tagesstruktur sind die Herausforderungen, die für Autistinnen und Autisten ohne Unterstützung zu Barrieren werden können.
Die Bedingungen im BBW Hamburg kommen der besonderen Wahrnehmung autistischer Personen entgegen. So ist die Berufsschule direkt auf dem Gelände des BBW, so dass selten Ortswechsel nötig sind. Kleine Klassen mit max. 12 Teilnehmenden ermöglichen ein individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse aller Teilnehmenden.
Im Fachdienst Autismus erarbeiten Mitarbeitende weitere Unterstützungsangebote für autistische Teilnehmende bspw. notwendige Rückzugsmöglichkeiten oder die Beschaffung spezieller Hilfsmittel wie Noise-Cancelling-Kopfhörer.
Zum Team gehören Ina Jahnke und Sophie Lenz - die Fachreferentinnen Autismus. Sie unterstützen die Teilnehmenden individuell bei Autismus spezifischen Themen und arbeiten sehr eng mit den Ausbildenden und den begleitenden Diensten zusammen.
Ina Jahnke begleitet Teilnehmende berichtete von ihrer Arbeit mit den jungen Frauen und Männern. Autismus ist für die Sonderpädagogin seit vielen Jahren ein Arbeitsschwerpunkt. Sie ging auf Unterstützungsangebote ein, die auch Gäste der Veranstaltung für ihre tägliche Arbeit nutzen können. Beispielhaft nannte sie das SchAut- Projekt von White Unicorn e.V. SchAUT steht für Schule und Autismus. In diesem Projekt wurden Hürden und Barrieren für autistische Schüler:innen in der weiterführenden Schule erforscht und umfangreiches Arbeitsmaterial erarbeitet, das öffentlich zugänglich ist.
Im zweiten Teil der Veranstaltung berichteten Cindy Hörstel – Friseurmeisterin und Ausbilderin und die Auszubildende Celine aus der betrieblichen Praxis. Celine möchte Friseurin werden, obwohl dieser Beruf mit Kommunikation und mit körperlicher Nähe zu fremden Menschen verbunden ist. Beides Dinge, die für Menschen im Spektrum häufig schwierig sind. Doch für die junge Frau passt das. Sie hat diesen Berufswunsch schon lange und ist dabei, sich diesen Traum zu erfüllen. Im Laufe der zwei Ausbildungsjahre gab es unterschiedliche Schwierigkeiten z.B. mit der Pünktlichkeit. Gemeinsam mit Ina Jahnke wurde erarbeitet, dass das Zuspätkommen keine Nachlässigkeit ist, sondern Ausdruck von Überforderung. Die Ausbilderin konnte die Situation durch die „Übersetzung“ durch die Fachreferentin besser verstehen und hat mit Celine für solche Tage flexiblere Anfangszeiten vereinbart.
Zwei weitere Teilnehmende, die ihren Blickwinkel vorstellten, waren Patrick und Maik. Die jungen Männer stehen an unterschiedlichen Punkten im Berufsleben. Patrick ist im dritten Ausbildungsjahr als Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung, hat seine Ausbildung erfolgreich durchlaufen und steht kurz vor dem Abschluss. Außerdem leitet er gemeinsam mit Ina Jahnke eine der Peer-Groups im BBW. Die wöchentlichen Gruppen bilden einen Anlaufpunkt für alle, die sich dem Autismus-Spektrum zugehörig fühlen. Häufig teilen sie gemeinsame Erfahrungen und Interessen, über die sie sich austauschen.
Maik ist Teilnehmer von BAS!C – einer Berufsvorbereitung für Menschen im Autismus-Spektrum, die etwas mehr Zeit brauchen, um gut im BBW anzukommen. Maik ist seit September 2024 im BBW und nun in der Vertiefung im Bereich Holz. Die Arbeit macht ihm Spaß und er möchte gern auch die Ausbildung im BBW machen.
Die Betrachtung der Übergänge aus unterschiedlichen Blickwinkeln verdeutlichte, dass das Zusammenspiel der Beteiligten funktionieren kann, um tragbare Lösungen zu erarbeiten. Die positiven Rückmeldungen zahlreicher Gäste zeigen, dass es sehr gut gelungen ist, das deutlich zu machen.
Wir danken allen Beteiligten - insbesondere Celine, Maik und Patrick - für die Einblicke in ihre persönlichen Erfahrungen.